Erfahrungen aus über 10 Jahren Nachzucht der Schwarzpappel

Im April 2010 begann die Flussmeisterstelle Neustadt des Wasserwirtschaftsamtes Landshut mit der Nachzucht der Schwarzpappel. Bereits 2012 konnten wir erste Jungpflanzen "in die Freiheit entlassen". 10 Jahre später wollen wir nun über unsere Erfahrungen berichten.

Schwarzpappel 2022 Bild vergrössern Schwarzpappel 2022

Dass die Schwarzpappel im Jahr 2010 als Jungpflanze nicht käuflich zu erwerben war, beeindruckte uns früher schon. Eigentlich konnte man auch damals so ziemlich alles online bestellen – aber eben nicht eine echte Schwarzpappel. In ihrer ursprünglichen Form ist sie auch heute noch schwer zu finden. Die Internet-Recherche findet selbst in 2022 zwar viele Zier- und Hybridformen, wie die häufige Säulenform Populus nigra ‚Italica', aber eben nicht unser "Ur-Donau-Pappel". Dies liegt vermutlich am geringen holzwirtschaftlichen Interesse. Der Baum wächst zwar schnell aber das Holz bleibt weich, hat einen geringen Brennwert, ist als Baustoff wenig widerstandfähig und die Qualitätseigenschaften sind bei Hybridpflanzen einfach deutlich besser.

Den Weg über die Nachzucht mit Stecklingen beschreiten wir seit 2010. So wurden jährlich ca. 100 Reiser geschnitten und zu Stecklingen verarbeitet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr "Stipendium" später als sogenannte Heister abschließen, liegt bei etwa 80%. Nach zwei bis drei Jahren werden aus den bleistiftdicken Hölzern junge Pflanzen von 150 cm bis 250 cm. Überraschend sensibel reagieren die Jungpflanzen auf klimatische Stresssituationen. In den heißen und trockenen Jahren 2018-2020 fand deutlich weniger Wachstum statt, trotzdem reift das Holz vollständig aus und überstand problemlos diese Ereignisse. Das größte Risiko besteht lediglich in den ersten 6 Monaten während dem Anwachsen. In dieser Phase braucht es Unterstützung von "oben" oder eben vom irdischen Förderer. Fürs spätere Auspflanzen, also dem "Umzug" vom Pflanzgarten zum letztendlichen Standort, hat sich der Zeitraum im Spätherbst von Mitte November bis Ende des Jahres als optimal erwiesen. Durch den jahreszeitlich späten Standortwechsel trat nur ein Ausfall von ca. 5 % auf.

Unsere Jungpflanzen sind fast ausschließlich auf Standorten einer typischen Weichholzaue und somit jährlich mehrfach überflutet. Einfache Holzpflöcke mit zwei Meter Höhe geben den Pflanzen halt. Zudem sorgt der Pfahl für Stabilität für einen Verbissschutz. Als Nachteil sollte aber auch erwähnt werden, dass sich dadurch Treibgut besser anhaften kann und ggf. entfernt werden muss.

Akzeptiert man diesen Aufwand bzw. stellt man ihn in das Verhältnis zum biologischen Nutzen, so ergibt sich die Chance nicht nur die Schwarzpappel am Leben zu erhalten, sondern auch ihre genetische Individualität zu sichern. Individualität? Nach Aussage vom früheren Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (heute awg.bayern.de) verfügen Pappeln an der Donau über eigene Merkmale und sind den letzten Restbeständen am Inn zwar sehr ähnlich, aber eben nicht gleich. Und wer beim Online-Einkauf fündig werden sollte, fischt vermutlich im genetischen Dumpingbereich.

Die Nachzucht über Stecklinge ist etwas arbeitsintensiver als die generative Vermehrung, aber garantiert uns die Gewissheit, dass wir uns um die ursprüngliche Form bemühnen. Inzwischen haben wir aber auch die Vermehrung über Samen getestet und konnten diese als sinnvolle Ergänzung zu unserem bisherigen Standard etablieren. Hierbei nutzten wir verbliebene offene Stellen der letztjährigen Uferrenaturierungen oder anderweitiger Unterhaltungsmaßnahmen. Ende Mai lassen sich die Samenstände im zertifizierten Altbaumbestand ernten und sofort als unbehandelte "Wolle" wieder aufbringen. Das Fixieren dieser durchaus "fluffigen" Schicht, ist für kleinere Bereiche mit ein paar Gießkannen Wasser einfach zu bewerkstelligen und lässt sich aber auch maschinell mit etwas "Feuerwehrausrüstung" erledigen.

Da Schwarzpappeln als ausgeprägte Lichtkeimer bekannt sind, muss nun dafür gesorgt werden, dass die Erde in den ersten drei Wochen feucht gehalten wird. Anschließend sollte der Konkurrenzdruck durch Begleitvegetation nicht zu hoch werden. Bei Flächen ohne bestehender Grasnarbe ist das aber bereits gegeben und die Startbedingen sind erfüllt.

Schwarzpappel Saatgut Bild vergrössern Schwarzpappel Saatgut

Inzwischen gibt es erste Baumschulen, die nun auch Schwarzpappel anbieten. Zwar wenige und vermutlich noch weniger mit autochthoner Herkunft, aber unser Bestreben hat vermutlich eben auch einen Bedarf aufgezeigt.
Wir hoffen darauf, dass durch die Renaturierung der Ufer und Flusslandschaften bald wieder die Voraussetzungen für eine natürliche Vermehrung und das Überleben der "Schönen Schwarzen Pappel" geschaffen werden.